Bademeister-Blues

Schirin

Ich bin frenetischer Freibad Fan. Freitag war für mich daher einmal wieder "Swimming in the rain" angesagt. Die freundliche Dame an der Kasse war wohl verhindert, sie kennt mich inzwischen schon, hält mir immer direkt die Türe auf, so dass ich mit meinem Rollator einfach durchmarschieren kann und sprintet dann vor zur Behindertendusche, die sie extra für mich aufschließt.
Jedenfalls ließ mich dieses Mal der Bademeister höchstpersönlich ein. Ich fragte ihn, ob er wisse, ob die Behindertendusche offen sei.
"Damen oder Herren?" kam prompt die Gegenfrage. Ja, unser Freibad verfügt über den Luxus getrennter Umkleidekabinen, nicht nur für Gesunde.
Eigentlich halte ich mich für emanzipiert und der junge Mann passte mit seinen geschätzt 25 Jahren auch eher in mein Kindchen- als in mein Beuteschema, trotzdem machte mich seine Frage betroffen. War ich mit meinen zarten 50 Jahren nicht mehr als Frau zu erkennen? Ich hatte ja sogar ein Kleid an, wenn auch eher aus praktischen als aus erkennungsdienstlichen Gründen.
Um der Sache auf den Grund zu gehen schlug ich vor:
"Raten Sie doch mal!"
"Ist ja auch eigentlich egal." setzte er noch einen drauf.
Also mir war das jetzt gar nicht egal. Bin ich als Frau mit Rollator automatisch intersexuell oder gar asexuell?
Ich war jetzt doch etwas verunsichert:
"Also bis jetzt war ich immer in der Damendusche."
Autsch, ich glaube jetzt hatte er etwas gemerkt. Jedenfalls schloss er mir ohne weiteren Kommentar die Umkleide für das weibliche Geschlecht auf.
Er hatte was gemerkt. Und er hatte mich ab sofort im Blick und verwandelte sich umgehend in einen Kavalier vom Feinsten. Als ich im Becken war begann es zu regnen, er kam auf mich zu und bot mir an, meinen am Rand geparkten Rollator (mit all' meinen Klamotten bepackt) ins Trockene zu schieben und mir wiederzubringen, sobald ich fertig sei. Mit einem Augenzwinkern nahm ich dieses ritterliche Versöhnungsangebot dankbar an.