Rosenkohl zum Frühstück

Schirin

Ich schaffe es nicht!

Zum ersten Mal in einem halben Jahrhundert Leben schaffe ich es einfach nicht, die bei einer Diät/Ernährungsumstellung angegebene minimale Tagesration zu verdrücken! 6 Tassen grünes Gemüse pro Tag. Und dazu noch 3 Tassen buntes Gemüse oder Obst. Geschüttelt (und zusammengepresst), nicht gerührt (und aufgelockert).
Und dazu noch eine Wochenration an Fisch, Fleisch, Kokosfett, Algen und einige bis dato völlig unbekannte Ingredienzien.
Das macht mir das von Dr. Terry Wahls vorgeschlagene Ernährungskonzept, nach dem ich mich seit 7 Wochen richte (s. „Grünkohl zum Frühstück&ldquo, erst einmal sympathisch. Eine Ernährungsumstellung ohne zu hungern! Um das täglich notwendige Pensum an Grünzeug zu schaffen, muss ich in der Tat schon zum Frühstück (heute gab es Rosenkohl) damit anfangen.

7 ist ja bekanntlich die Zahl der Vollkommenheit (eine Woche braucht 7 Tage, Schneewittchen braucht 7 Zwerge, unser Körper braucht 7 Jahre, um sämtliche Moleküle einmal auszutauschen) und so frage ich mich nach 7 Wochen, ob ich diese Ernährung brauche.

Mein erstes Ziel ist es, den Verlauf meiner chronisch fortschreitenden MS auszubremsen oder gar – wie es Wahls aus eigenem Erleben beschreibt – umzukehren in Richtung mehr Gesundheit, weniger Behinderung.

Mein zweites Ziel ist es herauszufinden, was ich wirklich bereit bin aufzugeben, um mein erstes Ziel zu erreichen.
Selbsterkenntnis sozusagen.
Oder wie meine (buchstäblich) „alte“ (inzwischen fast 90jährige) Freundin R. es gerne formuliert: versuchen, sich selber auf die Schliche zu kommen.

Drittens gibt es noch einige kleinere Kollateralziele wie z.B. Gewichtsreduktion und damit einhergehend optische Attraktivitätsoptimierung.

1. Zu 3): Bei Weight Watchers hätte ich in der Zeit mehr abgenommen als 1,5 kg und es findet sich auch immer noch keine Verehrerschlange vor meiner Haustür.

2. Zu 2): Wirklich konsequent alle glutenhaltigen Getreide (und Milchprodukte) wegzulassen fällt mir richtig schwer. Aber - mit einigen Ausrutschern/Ausnahmen (die ich sehr genossen habe) – ist es für mich 7 Wochen lang realisierbar. 

3. Zu 1): In den letzten Wochen habe ich keine gesundheitlichen Verschlechterungen erlebt, aber zu viele kleine Verbesserungen, als dass ich einfach sagen könnte:
“ Bringt nichts! Wieder ran an den Speck! Oder die Schokolade, Croissants, Käsestulle, Pizza, Tortellini, Chips….“ Aus autodidaktischen Gründen breche ich die Aufzählung an dieser Stelle besser ab!

Ich fürchte, ich muss mich weiter kasteien, ich bin in den letzten Wochen kein einziges Mal gestürzt, meine Gehstrecke hat sich stabilisiert und sogar etwas verlängert. In der Wohnung kommt der Rollator seltener zum Einsatz.
Diese, wie einige andere, subjektivere Fortschritte ließen sich natürlich auch durch einen (in meinem Fall durch Askese schwer erkämpften) Placeboeffekt erklären. Oder sonstwie.

Aber vielleicht kann ich durch Verzicht mehr bewirken, als mir manchmal lieb ist.
Manchmal, d.h. wenn ich zum Beispiel beim gemütlichen Kaffeetrinken mit Freundinnen nur vorsichtig einen kurzen Blick auf den köstlichen Kuchen zu riskieren wage, während ich an meinem Mangoldstängel nage.

Aber meistens will ich nicht vorrangig meinen kulinarischen Gelüsten nachgehen und meine Geschmacksnerven befriedigen, sondern mein Gesamtnervenkostüm befrieden.
Wenn möglich.
Also läuft meine Ernährungsumstellung weiter.
Erst mal.
Bis Weihnachten.