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Grenzen im Kopf

Grenzen im Kopf
An einem sonnigen Sonntagmorgen stand das Thema „Schöpfung“ auf dem Plan des Biblischen Unterrichts. Für alle, die nicht wissen, was das ist: Biblischer Unterricht ist das Angebot für die 13-14 Jährigen in den Freien Evangelischen Gemeinden, um den Teens die Grundlagen des absoluten Weltbestsellers (nein, das ist nicht Harry Potter zwinkerndes Smiley) zu vermitteln (vergleichbar mit dem Konfirmandenunterricht der evangelischen Kirche).
Ich wollte mit den Kids in den nahegelegenen Wald gehen, um dort mit ihnen Schöpfung pur zu erleben, mit Picknick, Spielen und am liebsten auch Singen.
Wegen meiner Gehbehinderung plante ich, meinen kleinen E-Scooter für den Weg zu nutzen und bepackte ihn mit Snacks, Getränken, Decken und Spielen, so dass gerade noch ein kleines Plätzchen für mich übrig blieb. Aber wo sollte ich auf diesem völlig überladenen Gefährt jetzt noch die Gitarre unterbringen?
„Wenn Gott will, dass ich mit den Kindern singe, muss er mir schon ein paar gesunde Beine geben!“ murrte ich ein wenig resigniert und ein bisschen zu laut vor mich hin.
„Mama, das sind nicht die Beine, das ist der Kopf!“ hörte ich die Stimme meines Sohnes aus dem Hausflur hinter mir.
Ob dieser despektierlichen Äußerung meines einfallsreichen Sprösslings nicht gerade hocherfreut, fragte ich leicht gereizt:
„Wie meinst du das denn jetzt?“
Er kam raus, nahm mir die Gitarre ab und hängte sie mittels der Transportgurte einfach noch hinten an den Sitz meines völlig überladenen E-selchens.
Es wurde ein schöner Ausflug, bei dem wir gemeinsam einige von Gottes guten Ideen an diesem Sommermorgen erspüren und erleben konnten. Und abwechselnd E-Scooter fahren. Und Gott ein Loblied mit Gitarrenbegleitung singen . 
Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich an diese schlagfertige Antwort meines Sohnes denke.
Die unüberwindbarsten Grenzen befinden sich manchmal in unserem eigenen Kopf.
Seitdem frage ich mich immer, wenn sich ein scheinbar unlösbares Problem vor mir aufbaut: „Sind es die Beine oder ist es der Kopf?“ zwinkerndes Smiley

Kommentare

 
PetiteFischkopf 14.03.2017 09:53
Eine sehr coole Anekdote. Und Dein Sohn hat mit diesem Denkanstoß gar nicht mal so Unrecht lachendes Smiley
 
Pam11 14.03.2017 10:04
Juhu, vielen Dank für den Schubser. Bei mir sind es zwar nur manchmal die Beine, aber immer wieder der Kopf. Hin und wieder muss einem das nur mal wieder gesagt werden. So, und jetzt geh ich los, das Unmögliche tun. grinsendes Smiley
 
Thohom 14.03.2017 10:07
Könnte man die Grenzen auch freundlich mit Betriebsblindheit umschreiben?

Zu der Zeit, als ich noch eine SHG leitete, rief mich mal ein MItglied an und fragte, wie ich das denn mache im Schwimmbad. Auf Nachgfrage kam dann raus, dass er seit seinem Unfall nicht nur ein Bein weniger hatte, sondern auch auffällige Narben im Bereich des Unterleibes.
Nun hatte er Bedenken diese öffentlich zu zeigen, weil seine Badehose die Narben nicht verdeckt.
Ich fragte ihn welches Model Badehose er denn trägt....so eine knappe Schwimmhose mit rückseitiger Spardose? Volltreffer. zwinkerndes Smiley
Mein Rat: Kauf dir Schwimmshorts. Er dann: Da hätte ich auch selbst drauf kommen können.
 
Callimaus 14.03.2017 12:09
Man sagt ja auch *Brett vor'm Kopf*, *man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht *, lachendes Smiley

Aufeinmal ist die Lösung soooo einfach.
Passiert sicherlich öfter als man denkt
Menschlich lachendes Smiley
 
Schirin 14.03.2017 16:45
@ PetiteFischkopf & Callimaus & Thohom: "Betriebsblindheit" oder " Brett vorm Kopf", (Ihr seid ja mindestens so charmant wie mein Sohn! zwinkerndes Smiley ) was auch immer uns behindert, was für ein Glück, wenn andere aus ihrer Perspektive mal mitgucken! Man sich traut, ein Problem anderen mitzuteilen. Kaum macht mans richtig, schon funktionierts lachendes Smiley

@ Pam: Sehe ich auch so, wenn man nicht mehr so gut laufen kann, einfach losfliegen (und wenn es nur im Kopf ist!) lachendes Smiley
 
Pam11 14.03.2017 23:12
Na da hat Ingmar sicher recht, was Gedanken und Gefühle angeht.
Der Körper ist da leider nicht immer mit von der Partie bei der Grenzenlosigkeit. Der Weg von "Sch.. warum geht das so nicht (mehr)." nach "Ok, wenn das so nicht geht, muss es eben anders." ist nur in der Theorie leicht. In der Praxis hängt man zu gern an alten Vorgehensweisen und beißt sich an "geht nicht" fest.
Der passende Spruch, den ich mir dringend auch selbst vor die Stirn kleben müsste: If nothing goes right, turn left. grinsendes Smiley
 
(Nutzer gelöscht) 14.03.2017 23:25
Meistens ist die Lösung sehr nahe und wir kommen einfach nicht darauf. Dein Tipp ist gut @schirin

" was auch immer uns behindert, was für ein Glück, wenn andere aus ihrer Perspektive mal mitgucken "
 
Schirin 14.03.2017 23:36
@ Chris
Ich glaube auch, dass Angst, besonders grenzenlose Angst, uns brutal in unseren Möglichkeiten einschränkt. Es sei denn, es gelingt uns, sie zu begrenzen....
 
Schirin 14.03.2017 23:40
@ Pam:
der Spruch ist gut , wenn ich nur rechts und links unterscheiden könnte! zwinkerndes Smiley

@ harmony: ja, gut, dass wir nicht allein sind! lachendes Smiley
 
Callimaus 15.03.2017 10:32
Ja, Angst bremst einen aus, definitiv.
Chris, die Angst den Weg nicht zu schaffen, nicht anzukommen, oder den Rückweg nicht mehr zu schaffen, kenne ich gut.
Hätte mir das jemand vor 2 Jahren gesagt, ich hätte denjenigen ausgelacht.
Der Körper schränkt ein, auch wenn ich einiges will, es geht nicht, das will ich aber nicht, so dreht sich ein Karussel..........
Hat man jemanden im Rücken, fällt einiges einfacher, alleine ist es manchmal unüberwindbar, oder ?
 
Schirin 15.03.2017 18:47
@ Chris:

Ja, jetzt verstehe ich Dich besser, dann passt das Zitat genau auf Deine persönliche Situation. Und ich finde es auch richtig, Grenzen die einem sein Körper unverrückbar setzt, zu akzeptieren. Schwierig wird es, zu unterscheiden, welche Grenzen sind wirklich unüberbrückbar, welche kann ich aber vielleicht doch ein wenig verschieben oder gar ganz aufheben. Ein klarer Kopf ist da hilfreich, kriegt man aber leider nicht jederzeit im gut sortierten Fachhandel.
Darum ist es schön, wenn man jemand im Rücken hat, wie

@ Callimaus schreibt. Das ist bei vielen hier im Forum aber kein Partner, muss es auch nicht sein. Freunde, Familie, Nachbarn, Kollegen, Physiotherapeuten oder Ärzte, manche können einem mit ihrer Sicht der Dinge das "Brett vorm Kopf" abmontieren helfen, neue Problemlösungen vorschlagen, auf die man selber gerade nicht kommt. Weil der eigene Kopf gerade irgendwie blockiert ist. Vielleicht mit Angst.
 
Callimaus 16.03.2017 08:17
Hi Shirin
Ich finde es ist ein grosser Unterschied zwischen Nachbarn, Physio etc. Oder einem Partner.
 
(Nutzer gelöscht) 16.03.2017 10:34
Blockaden im Kopf sind erstmal nichts gravierendes schlimmes.Prekär wird es zumeist nur dann,wenn der Blick über den Tellerrand -wie in den freikirchlichen Gemeinden- verpönt erscheint.lachendes Smiley
 
Schirin 16.03.2017 21:15
@ Callimaus:

Da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Natürlich gibt es Unterschiede.

@:Bochum:

Das gibt es in Freikirchen und anderswo
 
(Nutzer gelöscht) 16.03.2017 23:52
Ja leider Schirin,

Ich -als Katholik- kenne selbstverständlich die Bibel.
Als Verfechter gegen jegliche Gewalt könnte mir auch garnicht vorstellen streng nach UND FÜR die Bibel zu leben.
Ich spreche den Passus 'Züchtigung der Kinder an,welcher weder gut für das Kind ,noch sonstiger Rechtfertigung bedarf.
Damit stehe ich mit den sonstigen Sozialarbeitern,Sozialpädagogen,Sonderpädogogen nicht allein gegen diese kruden Thesen.

Aber interessantes Thema hast du dir da ausgedacht..

Respekt !
 
Callimaus 17.03.2017 09:51
M.m. nach hat jede Kirche, Sekten , Zwänge und teilweise absurde Thesen.
Wenn es dann noch fanatisch wird, gute Nacht.
Heute machen sich Sekten breit, die Menschen einschränken, bevormunden, Gehirnwäsche betreiben, im Mittelalter hatte die kath. KIRCHE die Menschen beherrscht, auf das grausamste.
Menschen wurden und werden dadurch eingeschränkt.
Wenn man sich das Mittelalter betrachtet: Wie konnten die nur da so folgsam sein, aber was zieht Menschen heute in Sekten...? Die einschränken.....
 
Schirin 17.03.2017 20:17
@ Bochum:

Was verstehst Du unter Züchtigung?
Nein Sagen, Grenzen setzen, die dem Kind gut tun, mithilfe "logischer Folgen", wie ich in einem Erziehungsseminar nach der "Familienkonferenz von Thomas Gordon" gelernt habe kann man durchaus als moderne und die Würde des Kindes wahrende "Züchtigung" interpretieren.
Allerdings glaube ich kaum, dass Du alle Pädagogen und Sozialarbeiter unter einen "einzig wahren" Erziehungshut bekommst. zwinkerndes Smiley

@ Callimaus

Wir Menschen sind nicht nur rationale und emotionale sondern auch spirituelle Wesen. Auf der Suche nach Sinn, Erfüllung, Gott. In unserer modernen Leistungsgesellschaft ist für dieses tiefe Bedürfnis oft kein Raum, so dass die abgedrehtesten Gurus oder auch gewissenlose Geschäftemacher mit ihren "Sinnangeboten" oder "Gottesbildern" mit ihren Versprechen manchmal leichtes Spiel haben.
 
Callimaus 18.03.2017 09:56
Scientologie
Die erfolgreichste, die unterwegs ist, nebst vielen reichen Prominenten .
 
Callimaus 18.03.2017 11:48
Letztendlich, hat die Person noch kein *Brett vor'm Kopf*, kann ihnen dann implantiert werden.

Macht und Kontrolle , darum ging es der Kirche schon immer, später kamen *Andere* dazu.

Züchtigung kann in alle Richtungen gehen. Auch *unsichtbar*
Nur das Wort ist schon krass.

Muss mich korrigieren, Scientology ist in Deutschland nicht die erfolgreichste, geschätzte Anhänger 5000.
Zeugen Jehovas ca. 160.000, 7,6 Millionen weltweit.
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