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Flut

Flut
https://pixabay.com/de/photos/hochwasser-%c3%bcberflutung-parkbank-rot-141524/

Ich wurde überschwemmt.
Genaugenommen nicht ich, sondern meine Wohnung.
Aber irgendwie auch ich.
Ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Ich bin total konfus.
Seit letzter Woche habe ich nicht mal mehr einen Schrank.
Alles musste raus.
Zuerst ich, weil sich mit der aus dem Keller hochziehenden Feuchtigkeit der Schimmel unaufhaltsam ausbreitete.
Dann die Fußleisten und Unterschränke.
Jetzt alles.
Möbel, Teppiche, Lampen, Tassen.
Morgen Rigips Wände, Bodenbeläge, Estrich.
Mein Zuhause wurde überschwemmt.
Diese Katastrophe ist elementar, geht mir an die Substanz.
Bis dato für mich unvorstellbar.
Bis dato ebenso wenig für meinen begrenzten Horizont vorstellbar war eine weitere, riesige Welle, die auf mich zukam.
Die mich nicht überrollte, sondern durchtrug.
Und durchträgt.
Die Welle Eurer Hilfsbereitschaft. Die starke Flut von Empathie und Unterstützung, die ich erlebe.
Von nah und fern.
Von klein und groß.
Von tatkräftig anpackend, materiell finanziell bis einfach einmal mitfühlend meine Seele streichelnd.
Die Flut hat mein Zuhause einfach weggespült, aber ich darf erleben, wie meine Familie, meine Freunde und meine Gemeinde mich nicht allein im Regen stehen lassen.
Und auch Menschen, die ich gar nicht kenne, tauchen wie aus dem Nichts auf und stehen mir zur Seite.
Als meine Klingel ausfiel, habt Ihr bei mir geklopft. Kräftig und ausdauernd an meine Haustür. Bis meine Ohren, die durch das Rauschen dieser Jahrhundertflut halb betäubt waren, es wahrnehmen konnten.
Als mein Keller vollgelaufen war, habt Ihr ihn in Gummistiefeln und mit Taschenlampen leergeräumt.
Als meine Küche raus musste, habt Ihr mich zum Essen eingeladen. Oder auch einfach auf einen Kaffee.
Als ich nur noch kaltes Wasser hatte, durfte ich bei Euch warm duschen.
Als meine Wohnung unbewohnbar wurde, habt Ihr mir Unterkunft gegeben.
Als ich umziehen musste, habt Ihr mir packen geholfen. Möbel und Kisten geschleppt, die für mich viel zu schwer waren.
Als mein Auto, mein E-Scooter und Rollstuhl zerstört wurden, habt Ihr mich gefahren.
Als ich mir Sorgen machte, wie ich mein Zuhause und meine Mobilität wieder herstellen kann, habt Ihr mich beraten und mich finanziell unterstützt.
Als ich nicht mehr beten konnte, habt Ihr für mich gebetet.
Als ich einsam war, habt Ihr mich in den Arm genommen.
Ich wurde überschwemmt.
Von einer Jahrhundertflut.
Und von einer bisher noch nie erlebten Welle von Hilfsbereitschaft.
Ein Zuhause ist viel mehr, als vier Wände.
Zu einem Zuhause gehören vor allem auch Menschen, die einen nicht allein im Regen stehen lassen.
Ich danke Euch von Herzen, dass Ihr diese Menschen in meinem Leben ward und seid!

Kommentare

 
Siebenpunkt 15.09.2021 12:35
Liebe Schirin, ich bin total gerührt. Danke fürs teilen.
 
Knatterfee 15.09.2021 12:43
Finde jetzt gar nicht die richtigen Worte. In so einer - für mich unvorstellbaren Katastrophe für Dich - haben selbst Dir unbekannte Menschen bewiesen dass sie nicht wegsehen und sich nur um sich selbst kümmern. Was für ein strahlender Lichtblick in einer Deiner dunkelsten Zeiten. 
 
KaterBlue 15.09.2021 12:49
Was fehlt Dir, vielleicht hat der eine oder andere etwas für Dich. 
 
sophi1 15.09.2021 12:52
Oh, manno Schirin, kam es doch noch schlimmer.

Für deine Worte hab Dank! Es ist immer noch einmal etwas anderes, von einer betroffenen  Person die furchtbaren Ausmaße der Schäden der Flut zu hören .
Und was es mit den Menschen macht - die Betroffenheit, die Starre und die zweite Welle der Hilfsbereitschaft zu erleben, dieses Hin- und Hergerissen sein der Gefühle.

Ich wünsche dir, dass du cool bleibst, alles andere schadet deiner Gesundheit!

In Gedanken bin ich bei dir ! Lass dich fest in den Arm nehmen! 🤗
 
(Nutzer gelöscht) 15.09.2021 12:54
Schirin, danke für dein Worte. Ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen!

Hilfe, zum Glück gibt's mehr gute als schlechte Menschen.
 
Schirin 15.09.2021 13:20
@ Kater Blue: danke, ich habe alles, was ich brauche (außer vielleicht einem Märchenprinzen, aber inzwischen frage ich mich, ob ich den überhaupt brauche? )  zwinkerndes Smiley
 
(Nutzer gelöscht) 15.09.2021 13:36
Wie immer, hast du das, was dir passiert ist und du erlebst, in wunderschöne Worte gepackt, mit viel Trauer, aber auch viel Hoffnung. Das macht Mut, nicht aufzugeben. Und dankbar zu sein, für das, was man hat. Auch wenns nicht immer leicht ist. Dein Talent ist wunderbar. Auch ein Geschenk. Alles alles Gute für dich und die Menschen, die dich, euch, unterstützen. 
 
(Nutzer gelöscht) 15.09.2021 15:10
@Schirin:
Deine Worte sind mir sehr nah gegangen, ich habe die furchtbaren Bilder im TV gesehen.
Es freut mich, dass es viele Menschen gibt, / gab, die Dir geholfen haben.
Meine Mutter hat die Sturmflut 1962 in Hamburg miterlebt und auch sehr viel verloren.
 
(Nutzer gelöscht) 15.09.2021 15:15
Liebe Schirin,
Es macht immer wieder fassungslos,  was Euch passiert ist. Ich wünsche mir für Euch,  dass man dran bleibt und Euch weiterhin an der richtigen Stelle Hilfe zuteil wird. 
Man kann es sich gar nicht vorstellen.  Das Hab und Gut zu verlieren ist ja schon schlimm genug,  aber die vielen ideellen Dinge,  die leider durch nichts ersetzbar sind,  geschweige denn die ganze Existenz und nicht wenige sogar ihr Leben,  macht mehr als traurig. 
Gut,  dass es Menschen gibt,  die selbstlos helfen! 
 
HannaLena 15.09.2021 15:48
Wunderschöne geschrieben, Danke für‘s Teilhaben Deiner Emotionen…
Alles Gute wünsche ich Dir!!! Die Bilder im Fernsehen waren furchtbar, aber mein Freund hat mir weitere Bilder gereicht, weil er intuitiv mit seinem Bruder zu Hilfe geeilt war. Da war ich dann ganz stolz auf ihn… und hab mich sehr für die Betroffenen gefreut. 
 
(Nutzer gelöscht) 15.09.2021 16:01
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, Mut noch mal neu anzufangen und das wenigstens jetzt die Versprechungen der Politik umgesetzt werden.
 
setterr 15.09.2021 16:04
hallo shirin, ich habe auch quasi alles verloren. da sind aber kriminelle für verantwortlich. ich kann es dir nachfühlen, wie es dir geht. 
ich habe mal anderen ortes kommentiert, erst haben die industriegesellschaften mit ihrem lebensstil den klimawandel herbeigeführt und nu beklagen sich diejenigen darüber, das ihnen das haus unter'm arsch weggespült wird. selbst schuld 
bitte nicht allzu persönlich nehmen, soll nur mal zum nachdenken anregen. 
 
(Nutzer gelöscht) 15.09.2021 16:24
setterr 15.09.2021 um 16:04 Uhr:

Aha, dann gab es wohl den Klimawandel schon 1962 als Hamburg von der Flutkatastrophe
heimgesucht wurde, damals starben 315 Menschen?
 
setterr 15.09.2021 16:54
ja genau, naturkastrastrofen passieren. sie lassen sich aber auch künstlich begünstigen, wie zb übermässigen co2 ausstoss durch pkw's, kohlekraftwerke, zementfabriken, etc. harald lesch hat zu dem thema viele vorträge gehalten. 
 
(Nutzer gelöscht) 15.09.2021 17:03
setterr, gibt es in deinen Leben auch mal etwas, was du als positiv ansiehst.
Wenn ich so wäre wie deine Kommentare hier, würde ich mal Therapeuten aufsuchen , der nicht nach der ersten Sitzung, sich aus dem Fenster stürzt.
 
setterr 15.09.2021 17:15
nun ja, wenn ihr wüsstet..., würdet ihr anders kommentieren. übrigens ich bin therapeut. musste auch mal 'ne zeit im zelt "leben"
 
Schirin 15.09.2021 17:19
Ich verstehe nicht, warum mein Dank an liebe Menschen, die selbstlos helfen, ohne zu fragen, zu einer Diskussion über die Schuldfrage an Naturkatastrophen führt. Wer darüber diskutieren will, mache bitte selber einen Blog dazu auf. Ich muss jetzt weg und schließe diesen Blog daher vorerst.
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