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Lalope

Winter

Die eisigen Winde heulten über die kargen Hügel, als Cailleach, die Alte, mit ihrem knorrigen Stab den Boden berührte. Jeder ihrer Schritte brachte Frost, jeder Atemzug verwandelte Wasser zu Eis. Der Winter war ihr Reich, und die Welt gehörte ihr, solange der Schnee auf die Erde fiel. Ihre Haut war blau wie die Gletscher, und ihre Augen trugen die Unendlichkeit der eisigen Stürme in sich.
Eines Nachts, während der Mond hell durch zerrissene Wolken schien, traf sie auf einen jungen Barden, der trotz der eisigen Kälte in den schottischen Hügeln wanderte. Er zitterte am ganzen Körper, doch seine Stimme war klar und rein, als er ein Lied für den Frühling sang.
„Warum bringst du diese Wärme in meine kalte Welt?“ fragte Cailleach ihn und ihre Stimme klang wie das knacken und zischen von zerberstenden Eis.
„Weil der Frühling im Herzen überlebt, auch im härtesten Winter,“ antwortete der Barde und summte weiter seine Melodie.
Die Cailleach, fasziniert von seiner Kühnheit, erhob ihren Stab, doch als sie ihn schwenkte fielen statt Schneeflocken Blumen zur Erde. „Du wagst es, mir vom Leben zu singen, wenn ich doch der Tod des Sommers bin?“ fragte sie.
Er hielt inne, versank für einen Moment in der Tiefe ihrer Augen und sprach aus seinem Herzen rein: „Dein Winter ist nicht das Ende, sondern ein Anfang.“
Für einen Moment schmolz der Frost in ihrem Inneren und sie ließ den Barden ziehen, doch gab sie ihm noch einen Talisman; eine Schneeflocke, die niemals schmolz. „Bewahre sie und erinnere dich, dass auch in der eisigsten Kälte Magie lebt.“
So wandelte Cailleach, die Herrin des Winters, weiter. Doch etwas hatte sich verändert, und wenn man sich Zeit nahm, inne hielt, still ward, dann konnte man es hören, dass nun auch der Wind vom Leben sang, das unter der Schneedecke schlummerte und von bunten Blumen träumte.
Maria Solva Roithinger